Dunkles Kapitel der Geschichte bei "Österreich im Rückspiegel"
Bei Teil 4 der Vortragsreihe mit Hofrat Johann Heuras standen die Zeit des Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg im Fokus.
Am 9. April luden das Katholische Bildungswerk (KBW) und das Kulturreferat der Marktgemeinde St. Peter in der Au zum vierten Teil der Vortragsreihe „Österreich im Rückspiegel“ in den Festsaal des Schlosses. Thema dieses Abends war das wohl dunkelste Kapitel der österreichischen und deutschen Geschichte: die Zeit des Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg.
Vortragender Hofrat Bildungsdirektor i.R. Johann Heuras führte erneut mit großer historischer Präzision und eindrucksvoller Tiefe durch die komplexen Ereignisse dieser Zeit.
Der Beginn des Vortrags war der Herkunft und Familie Adolf Hitlers gewidmet, dessen Ursprünge im niederösterreichischen Waldviertel liegen. Hitler hatte später gezielt versucht, seine eigene Familiengeschichte zu verschleiern, so wurde im Zuge der NS-Herrschaft im Waldviertel der Truppenübungsplatz Allentsteig errichtet – ein militärisches Großprojekt, das nicht nur zur Vertreibung der Bevölkerung führte, sondern auch sämtliche Spuren von Hitlers familiärem Umfeld in dieser Region auslöschte.
Heuras zeichnete anschließend Hitlers politische Radikalisierung nach: von den frühen Kontakten zur Deutschen Arbeiterpartei (DAP), über die Umwandlung zur NSDAP, bis hin zum gescheiterten Putschversuch 1923. Der rasante Aufstieg zur Diktatur nach dem Reichstagsbrand 1933 vollzog sich in nur wenigen Wochen – ein mahnendes Beispiel dafür, wie schnell demokratische Strukturen zerstört werden können.
Schon im Parteiprogramm der NSDAP von 1920 waren zentrale ideologische Grundpfeiler des späteren Terrorregimes festgeschrieben. Neben dem Ziel der Expansion in den „Wohnraum im Osten“ wurde auch der Judenhass bereits offen propagiert: Juden galten laut Programm nicht als „Volksgenossen“ und sollten aus dem Staatsbürgerrecht ausgeschlossen werden. Die Ausgrenzung, Entrechtung und spätere systematische Verfolgung war damit von Beginn an kein Nebeneffekt, sondern Teil des ideologischen Kerns. Heuras betonte eindringlich: „Niemand kann sagen, er habe davon nichts gewusst.“
Die NS-Propaganda, die Hitler gleichsam als Messias darstellte und es schaffte, dass innerhalb kurzer Zeit alle Generationen im Gleichschritt hinter Hitler marschierten, sei ein zentrales Werkzeug der Nazis gewesen. So wurde auch der Beginn des Zweiten Weltkriegs am 31. August 1939 als defensive Notwendigkeit dargestellt – in Wahrheit war er ein Täuschungsmanöver und Teil eines lange geplanten Angriffs auf Polen.
Im weiteren Verlauf schilderte Heuras die brutalen Verbrechen der Wehrmacht – insbesondere in Polen, der Ukraine und rund um die Belagerung von Leningrad, wo etwa eine Million Menschen durch systematisches Aushungern ums Leben kamen. Ebenso thematisiert wurden die systematischen Morde an der jüdischen Bevölkerung, legitimiert durch einen „Freibrief“ für alle Täter, die Verbrechen an Juden oder sogenannten „niederen Rassen“ im Osten begingen. Auch das Euthanasieprogramm kam zur Sprache, insbesondere im Krankenhaus Mauer, das im Rahmen der Niederösterreichischen Landesausstellung 2026 endlich thematisiert werden soll.
Ein besonderer Fokus galt den Konzentrationslagern – allen voran Mauthauses und natürlich dem Vernichtungslager Auschwitz mit seinen Gaskammern – sowie dem Eintritt der USA in den Krieg, den Bombenangriffen auf europäische Städte und dem von Goebbels ausgerufenen „Totalen Krieg“. Originalzitate aus Propagandareden von Hitler und Goebbels sowie eindrucksvolle Bilddokumente ergänzten den Vortrag und verliehen ihm zusätzliche Eindringlichkeit.
Besonders eindrücklich war Heuras’ Klarstellung zur Rolle Österreichs: „Österreich war kein Opfer.“ Er erinnerte daran, dass anteilsmäßig ebenso viele Österreicher an den NS-Verbrechen beteiligt waren wie Deutsche. Gerade deshalb sei es entscheidend, nicht nur auf „die anderen“ zu zeigen, sondern sich der eigenen Verantwortung und Geschichte zu stellen.
Abschließend betonte Heuras: „Ich will hier niemanden verurteilen, das steht mir nicht zu. Aber wir müssen uns fragen: Warum haben Burschen und Männer aus gutem Haus solche Gräueltaten begangen, Frauen und Kinder ermordet? Ich weiß selbst nicht, wie ich in dieser Situation agiert hätte. Aber wir müssen uns all das vor Augen führen und uns damit auseinandersetzen, damit so etwas nie wieder passiert!“
Altpfarrer Högl aus Weistrach erinnerte im Nachtrag daran, dass sich an diesem Abend des 9. April der Todestag des NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer, der kurz vor seiner Hinrichtung des Nazi-Regimes das Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ verfasst hatte, zum 80. Mal jährte. Johann Heuras betonte, dass natürlich nicht alle mit den Nazis gleichgezogen hatten, dass es sehr wohl Widerstand und Zivilcourage gegeben hatte und Bonhoeffer, Jägerstätter und viele mehr ihr eigenes Leben riskiert und geopfert haben. „Hinsehen statt wegsehen“ sei das Gebot der Stunde – damals wie heute.